Lifestyle & Mode

Warum ist vegane Mode nicht automatisch nachhaltig?

Ein kritischer Blick auf Materialien, Herkunft und Konsum

Warum ist vegane Mode nicht automatisch nachhaltig?

Vegane Mode wird häufig mit Nachhaltigkeit gleichgesetzt. Schließlich wird dabei auf Leder, Wolle oder Seide verzichtet – also auf alles Tierische. Doch auch wenn vegane Kleidung tierfreundlich ist, bedeutet das noch lange nicht, dass sie auch umweltfreundlich oder ressourcenschonend ist. Viele Konsument:innen setzen „vegan“ automatisch mit „umweltfreundlich“ gleich – dabei ist die Realität oft komplexer.

Dieser Ratgeber zeigt, warum vegane Mode nicht automatisch nachhaltige Mode ist – und worauf man beim Einkaufen achten kann, um beide Werte zu vereinen.

Was bedeutet vegane Mode?

Vegane Mode vermeidet konsequent tierische Bestandteile: Leder, Wolle, Daunen, Seide oder auch Farbstoffe tierischen Ursprungs. Stattdessen kommen pflanzliche Alternativen oder synthetische Materialien wie Polyurethan (PU) zum Einsatz. Labels wie PETA-Approved Vegan helfen bei der Orientierung.

Ein Beispiel: Kunstleder wird aus PU oder PVC hergestellt – also aus Erdöl. Der Vorteil: kein Tierleid. Der Nachteil: Es entsteht ein Kunststoffprodukt, das nur schwer abbaubar ist, Mikroplastik freisetzt und mit hohem Energieaufwand produziert wird.

Warum vegan nicht automatisch nachhaltig ist

Kunstfasern: Eine unsichtbare Umweltlast

Ein Großteil veganer Materialien basiert auf synthetischen Fasern. Kunstleder, Polyester oder Nylon werden in der Regel aus fossilen Rohstoffen gewonnen. Die CO₂-Bilanz ist erheblich: Laut einem Bericht des Europäischen Parlaments entstehen bei der Produktion von einem Kilogramm Polyester etwa 5,5 kg CO₂, während Baumwolle rund 2,1 kg CO₂ verursacht.

Hinzu kommt das Mikroplastik-Problem: Beim Waschen von Kunstfasern lösen sich feine Kunststoffpartikel, die über das Abwasser in Flüsse und Meere gelangen. Laut dem Umweltbundesamt ist Textilabrieb eine der größten Quellen von Mikroplastik in der Umwelt.

Fast Fashion in vegan?

Bild aus einer Textilfabrik mit Näher:innen, die in industrieller Umgebung arbeiten

Auch viele vegane Kleidungsstücke stammen aus Fast-Fashion-Produktionen: schnell, billig, intransparent. Vegane Labels garantieren nicht automatisch faire Arbeitsbedingungen. Die Clean Clothes Campaign und Fashion Revolution dokumentieren regelmäßig Missstände in Textilfabriken weltweit.

Ein Großteil der globalen Textilproduktion findet in Ländern wie Bangladesch oder Vietnam statt. In Bangladesch etwa wurde der gesetzliche Mindestlohn im November 2023 auf 12.500 Taka angehoben – das entspricht rund 106 Euro monatlich. Doch laut der Asia Floor Wage Alliance liegt ein existenzsichernder Lohn bei etwa 51.000 Taka, also fast dem Fünffachen. Gewerkschaften und NGOs fordern daher seit Jahren eine deutliche Erhöhung, um die grundlegenden Lebenshaltungskosten zu decken. Quelle: Human Rights Watch (2023): Your Brand Paying Its Share?, abrufbar unter hrw.org

Solche Zahlen zeigen: Auch bei veganer Mode ist Transparenz über die Produktionsbedingungen entscheidend, wenn sie nicht nur tierfreundlich, sondern auch sozial gerecht sein soll.

Was macht Mode nachhaltig?

Nachhaltige Mode denkt über das Produkt hinaus: Sie berücksichtigt den gesamten Lebenszyklus – vom Rohstoff über die Produktion bis zur Entsorgung – und die Menschen, die sie herstellen.

Nachhaltige Kriterien im Überblick

  • Materialien: Biologisch abbaubar oder recycelt
  • Ressourcenverbrauch: Wenig Wasser, Energie und Chemieeinsatz
  • Faire Produktion: Existenzsichernde Löhne, Arbeitsschutz, Gewerkschaftsfreiheit
  • Transparenz: Rückverfolgbarkeit der Lieferkette
  • Langlebigkeit: Qualität, Pflege, Reparierbarkeit
  • Gütesiegel wie GOTS, Fairtrade oder das EU Ecolabel bieten Orientierung für bewusste Kaufentscheidungen.
Bild aus einer Textilfabrik mit Näher:innen, die in industrieller Umgebung arbeiten

Globale Perspektive: Auch Pflanzen haben Schattenseiten

Viele vegane Materialien oder Inhaltsstoffe stammen aus Regionen, in denen der ökologische Fußabdruck problematisch ist – trotz tierfreier Herkunft:

Avocados und Mandeln: hoher Wasserverbrauch, meist Monokulturen
Soja: Hauptsächlich für Tierfutter, aber auch in Kleidung oder Schuhen als Kleber- oder Schaumstoffbasis – teils aus Regenwaldgebieten
Baumwolle: Auch wenn pflanzlich, hat konventionelle Baumwolle einen enormen Wasser- und Pestizidbedarf (etwa 11.000 Liter Wasser pro Kilogramm Baumwolle laut WWF)

Nachhaltigkeit bedeutet also mehr als nur Tierverzicht – es geht um globale Zusammenhänge.

Checkliste – So erkennt man vegane Mode, die auch nachhaltig ist

  • Materialien prüfen: Bio-Baumwolle, Hanf, Leinen, recycelte Stoffe statt reines PU
  • Siegel beachten: PETA-Approved Vegan, GOTS, Fairtrade, EU Ecolabel
  • Herkunft klären: Werden Herkunft und Produktionsbedingungen transparent genannt?
  • Fast-Fashion-Anzeichen erkennen: Sehr günstiger Preis, viele Kollektionen pro Jahr
  • Verpackung: Plastikfrei oder recycelt?
  • Pflegeleicht und langlebig: Hochwertige Verarbeitung, Reparierbarkeit

Alternative vegane Materialien mit Nachhaltigkeitspotenzial

Einige vegane Materialien bieten nicht nur Tierwohl, sondern auch Umweltvorteile:

  • Bio-Baumwolle: Ohne Pestizide, besser für Böden und Arbeiter:innen

  • Hanf und Leinen: Wachsen schnell, brauchen kaum Wasser oder Dünger

  • Recycelte Stoffe: zum Beispiel aus PET-Flaschen oder Alttextilien

  • Pflanzenleder: Aus Ananas (Piñatex), Äpfeln, Pilzen – teilweise kompostierbar

Informiert entscheiden statt nur „vegan“ shoppen

Vegane Mode ist ein wichtiger Schritt – doch echte Nachhaltigkeit beginnt erst mit Transparenz, fairen Bedingungen und umweltfreundlichen Materialien. Wer nur auf das Vegan-Label achtet, übersieht oft die ökologischen und sozialen Probleme dahinter.

Die gute Nachricht: Immer mehr Labels verbinden vegane Materialien mit nachhaltiger Qualität. Es lohnt sich, genauer hinzusehen und bewusst zu konsumieren.